Film L`animale- über den Widerspruch zwischen unseren Wünschen und den gesellschaftlichen Zwängen
In Scheidungsberatungen erzählen mir Menschen oft, dass sie nicht aus Liebe geheiratet hätten, sondern die Ehe geschlossen worden sei weil dies vom Umfeld erwartet worden wäre. Eine Ehe mit Kindern gehöre einfach zu einem sogenannten ordentlichen Leben. Viele Menschen üben Berufe nicht aus Überzeugung aus, sondern weil diese als sicher gelten oder galten. Die Wahl der Berufsausübung vieler ist reinen Vernunftüberlegungen geschuldet. Viele sind in ihren vorgefassten Lebensentwürfen unglücklich. So mancher flüchtet in ein kräftezehrendes Doppelleben.
Gerade Corona hat uns allen gezeigt, dass in Wahrheit nichts sicher ist. So brechen auch sogenannte sichere Jobs weg. Viele merken, dass sie ihr bisherigen Leben viel zu sehr auf den Job konzentriert hatten, ihre gesellschaftliche Anerkennung rein aus der beruflichen Existenz zogen. Ist der Job weg, kommen zusätzlich zu finanziellen Sorgen Selbstzweifel. Viele stellen fest, dass sie es verabsäumt haben sich um Familie und Freunde zu kümmern und keine Hobbies gepflegt haben.
Die österreichische Regisseurin und Drehbuchautorin Katharina Mückstein befasst sich in dem Film „ L` animale“ mit der Schwierigkeit der Identitätsfindung und den eigenen Weg zu gehen. Der Film zeigt das Widerstreiten der inneren Wünsche mit der gesellschaftlichen Erwartung auf. Die Regisseurin legt auch Fokus auf das Tochter- Mutter Verhältnis. Menschen haben ein großes Repertoire an Masken, Tiere hingegen verstellen sich nicht.
Namensgeber des Films ist der italienische Schlager l`animale“ von Franco Battiato.
Song l´animale
https://www.youtube.com/watch?v=DBHlXwwDnVU
L´Animale
https://www.austrian-directors.com/filme/lanimale/
Mit Sophie Stockinger, Kathrin Resetarits, Domini Warta, Julia Franz Richter, Jack Hofer, Stefan Pohl; Dominic Marcus Singer, Simon Morze, Eva Herzig u.v.m.
Folgendes Gedicht kommt ebenfalls in dem Film vor:
Selige Sehnsucht
Johann Wolfgang von Goethe
Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend’ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.
In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.
Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.
Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du Schmetterling verbrannt.
Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
Zur Person Katharina Mückstein
https://www.austrian-directors.com/mitglieder/muckstein-katharina/
Mückstein hat studiert bei Haneke.
Zur Entstehung des Films l´animale
«Katharina Mückstein hat eine sehr klare Autorinnen-Handschrift.» (austrianfilms.com)
Berlinale Nighttalk „L’Animale“ mit Regisseurin Katharina Mückstein
https://www.youtube.com/watch?v=3mpZn8dGILI
Mückstein:“ Wir leben in einer Zeit in der alte Werte; alte Vorstellungen ( sei es Geschlechterrollen oder Hierarchien betreffend) noch vorhanden sind und sehr stark kollidieren mit progressiven Vorstellungen von sowohl einer persönlichen als auch gesellschaftlichen Freiheit“.