Theaterempfehlung Akademietheater “ Hotel Strindberg“
Hotel Strindberg
Phantastisches Kaleidoskop des Beziehungswahnsinns
Akademietheater
Dem jungen australischen Regisseur Simon Stone ist mit Hotel Strindberg ein tolles Theaterwerk gelungen. Stone hat in diesem Werk viele Elemente aus August Strindbergs Biographie, sowie dessen Werken verarbeitet, Das Stück spielt mit Twitter, Youtube, Instagram und Co im „heute“. Im Hotel Strindberg kommen die Enttäuschungen ob nicht erfüllter Erwartungen; Geheimnisse; die dunklen Seiten der Hotelgäste zum Vorschein. Denn raus aus dem Alltag, geschützt von der Anonymität, redet es sich leichter und ungehemmter, als daheim. Unterstützt wird das Reden durch Alkoholika – diese stammen aus der Minibar oder vom Billa gleich nebenan. Das Hotel Strindberg ist irgendwo in Wien situiert. In den Zimmern gibt es einen Ausblick auf den Wiener Stephansdom.
Das Stück ist unterteilt in drei Akte, der eindringlichste ist der zweite Teil. Der Zuseher durchlebt in kurzweiligen 4 ½ Stunden die Vielfalt der Abgründe des Beziehungslebens. Es geht um offene Beziehungen, in denen letztlich doch zumindest einer leidet; aber auch um Expartner, die nicht loslassen; eine von ihrem verheirateten Liebhaber sitzengelassene Frau; eine egozentrische Mutter, die nicht einmal vor einer Affäre mit dem gerade angeheirateten Gespons ihrer Tochter halt macht; Missbrauch in der Familie. In Strindberg begegnet der Zuseher auch einem Paar, wie es so viele gibt; es kann nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander. Das Stück handelt auch von alten Männer, welche ihre verlorene Jugend in der Beziehung zu jungen Frauen zu finden glauben. Auch dieses Thema in der Realität kein unbekanntes. Dramatisch auch die Darstellung eines Mannes, der erfährt, dass ihm ein Kind unterschoben worden ist. Es werden im Stück „Hotel Strindberg“ aktuelle gesellschaftliche Geschehnisse verarbeitet.
Das Bühnenbild ist gleichsam ein Puppenhaus – 6 Zimmer. In einem dieser Zimmer wird in Untermalung des Geschehens musiziert. Der Zuseher, als Voyeur, verfolgt das Bühnentreiben in den einzelnen Räumen.
Es geht in diesem Stück viel um emotionale Abhängigkeit, hier überwiegend die des Mannes von der Frau.
Am Ende des Stücks, im dritten Akt, verschwimmen zusehend die Grenzen zwischen Realität und Wahn. Die Darstellung Martin Wuttkes eines Mannes, der im Wahn zusammenbricht, im Schlussakt grandios.
Ein großartiges Ensemble macht dieses Stück zu einem Theaterabend der Spitzenklasse.
Franziska Hackl, Barbara Horvath, Roland Koch, Caroline Peters, Max Rothbart, Michael Wächter, Martin Wuttke, Simon Zagermann, Aenne Schwarz
August Strindberg ( 1849- 1912), der schwedische Schriftsteller, welcher zeitlebens von Wahnvorstellungen und Selbstmordgedanken gequält war, war selbst drei Mal verheiratet.
Interessanter weise war gerade Strindberg dem ein schwieriges Verhältnis zum weiblichen Geschlecht nachgesagt wird, und sich immer wieder sehr verächtlich über Frauen äußerte, mit starken Frauen, Feministinnen zusammen, denen ihre Unabhängigkeit wichtig war. Die erste Frau war Siri von Essen eine Schauspielerin des Königlichen Theaters, die zweite Frau war die Journalistin Frida Uhl und die dritte Ehefrau war die 29 Jahre jüngere Künstlerin Harriet Bosse. Diese Autonomie seiner Ehefrauen, mit welchen Strindberg letztlich dann doch nicht umgehen konnte, aber auch der Altersunterschied sowie Strindbergs Erkrankungen werden von seinen Biographen als die Mitursachen für das jeweilige Scheitern seiner Ehen geortet.
Strindberg schrieb mehr als 60 Dramen, zehn Romane, zehn Novellensammlungen und mindestens 8.000 Briefe. Strindbergs Schaffen ist geprägt von seinen gescheiterten Ehen.
Strindberg Zitate zur Ehe:
Manche Ehe ist ein Todesurteil, das jahrelang vollstreckt wird.
Vieles auf der Welt kommt zusammen, aber selten die richtigen Paare.
Diesen Zweikampf, den man Ehe nennt.
Der 34 jährige australisch- schweizerische Regisseur Simon Stone lebt in Wien: Stone schreibt selbst alte Klassiker zu neuen Stücken um. De Öfteren befasste sich Stone bereits mit den Werke von Ibsen. So drehte Stone 2015 den Kinofilm „ The Daughter, welcher auf Ibsens “ Die Wildente“ basiert. 2016 wurde am Schauspielhaus Hamburg Stones „ Peer Gynt“ ( ebenfalls Ibsen) aufgeführt. 2014/2015 inszenierte Stone im Akademietheater „ John Gabriel Borkman“
https://www.burgtheater.at/de/spielplan/produktionen/hotel-strindberg/termine/2018-01-26/972704084/